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Versicherungsrecht

Ihr Anwalt für Berufsunfähigkeit in Berlin

Anwalt für Berufsunfähigkeit der Kanzlei in Berlin

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung, Unfallversicherung oder Krankentagegeldversicherung abschließt, will sich gegen die finanziellen Folgen von Krankheit oder Unfallverletzungen absichern.

Versicherungsunternehmen versprechen für den Ernstfall gerne vollmundig "Rundum-Schutz" und schnelle Zahlung. Wird der Versicherungsnehmer jedoch tatsächlich berufsunfähig bzw. arbeitsunfähig oder invalide und verlangt er deswegen die Zahlung der vereinbarten Rente bzw. Invaliditätsleistung bzw. die Auszahlung des vereinbarten Krankentagegeldes, sieht die Realität oftmals anders aus: Nach monatelanger Schadensprüfung lehnt das Versicherungsunternehmen die vereinbarten Leistungen ab. Zur Begründung wird immer wieder angeführt, dass die vom Versicherungsnehmer eingereichten Unterlagen seine gesundheitlichen Einschränkungen angeblich nicht hinreichend belegen. Oder die Versicherungsunternehmen berufen sich auf ein -von ihnen selbst in Auftrag gegebenes!- medizinisches Gutachten, welches die vom Versicherungsnehmer geschilderten Einschränkungen nicht bestätige. Nicht selten sieht sich der Versicherungsnehmer auch dem Vorwurf ausgesetzt, bei Vertragsschluss angeblich falsche Angaben gemacht zu haben, weswegen sich das Versicherungsunternehmen berechtigt sieht, den Vertrag durch Anfechtung oder Rücktritt aufzulösen.

Verzögerungstaktik und rechtswidrige Leistungsverweigerung gehören zur Tagespolitik der
Versicherungsunternehmen.

Als Versicherungsnehmer sind Sie diesem Spiel jedoch nicht hilflos ausgeliefert. Versicherungsrecht ist Verbraucherrecht, dient also dem Schutz des Verbrauchers. Daher sollten Sie im Falle einer Regulierungsverzögerung oder Leistungsablehnung keineswegs vorschnell aufgeben, sondern sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht wenden. Oftmals macht es auch Sinn, sich schon vor Beantragung der Versicherungsleistung an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu wenden. Der einschlägig spezialisierte Anwalt kann Ihnen dann wertvolle Tipps für eine schnelle und zielorientierte Antragsbearbeitung geben oder Sie auf Wunsch sogar durch das gesamte Antragsverfahren begleiten.

Neben dem Medizinrecht ist das Versicherungsrecht Kernbereich meiner Tätigkeit als Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht in Berlin. Das Versicherungsrecht ist das Recht des „Kleingedruckten“. Neben dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind es vor allem die Allgemeinen und Besonderen Geschäftsbedingungen, die das Verhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsnehmer bzw. Versicherten bestimmen.

Wenn es zwischen Versicherungsnehmer bzw. Versicherten auf der einen Seite und der Versicherung auf der anderen Seite zum Streit kommt, ist die Kenntnis der einschlägigen Gesetze, vor allem aber die Kenntnis der vereinbarten Bedingungen und das fachliche Verständnis für deren Anwendung und Auslegung zwingende Voraussetzung für eine gute anwaltliche Vertretung und daher auch grundlegende Qualifikation für einen guten Anwalt für Versicherungsrecht. Eine qualifizierte rechtliche Beratung und Vertretung in Angelegenheiten des Versicherungsrechts kann daher nur durch einen Fachanwalt für Versicherungsrecht erfolgen, denn sie erfordert langjährige einschlägige Erfahrung und regelmäßige Fortbildungen, wie sie ein Fachanwalt für Versicherungsrecht regelmäßig besuchen muss. Im Jahr 2014 habe ich den Titel Fachanwalt für Versicherungsrecht erworben und bringe diese Voraussetzungen daher mit - und zusätzlich noch viel Engagement.

Rechtliche Auseinandersetzungen sind im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung, der Privaten Unfallversicherung oder der Krankentagegelversicherung für den Versicherungsnehmer bzw. Versicherten besonders belastend, da diese Versicherungen den krankheits- oder unfallbedingten Ausfall der Arbeitskraft abdecken sollen. Der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte befindet sich beim Eintritt des Versicherungsfalls gesundheitlich in einer schwierigen Situation und sieht sich dann auch noch zusätzlich mit einem Einkommensausfall konfrontiert, der mittel- bis langfristig, manchmal aber auch kurzfristig zu existenziellen Nöten führen kann. Wenn die Versicherung im Falle von Arbeitsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Invalidität nicht, nicht genug oder nicht schnell genug zahlt, dann hat das für den Versicherungsnehmer folglich oftmals massive Auswirkungen in allen Lebensbereichen. Ein guter Anwalt für Versicherungsrecht sollte diese schwierige Situation seines Mandanten stets vor Augen haben.

Neben den besonderen Streitpunkten im Recht der Berufsunfähigkeitsversicherung (der Versicherer verneint das Vorliegen von Berufsunfähigkeit), Krankentagegeldversicherung (der Versicherer verneint das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit oder wendet Berufsunfähigkeit ein) und Privaten Unfallversicherung (der Versicherer meint, ein geltend gemachter Gesundheitsschaden beruhe nicht auf dem Unfall oder der Versicherer wertet den Grad der Invalidität deutlich niedriger als der Versicherungsnehmer) gibt es eine Reihe weiterer möglicher Streitpunkte, die „allgemeiner“ Natur sind. So wendet der Versicherer zum Beispiel häufig ein, dass der Versicherungsnehmer vor Abschluss des Versicherungsvertrages bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen falsche Angaben gemacht hat, und will sich deshalb durch Rücktritt oder Anfechtung vom Vertrag lösen. Oder er verlangt im Rahmen der Prüfung des Leistungsantrages die Vorlage immer weiterer Unterlagen, ohne die er angeblich den Leistungsfall nicht beurteilen kann. Oder er wendet ein, der Versicherungsnehmer habe gegen vertragliche Obliegenheiten verstoßen. Oder, oder, oder.

Als Anwalt für Versicherungsrecht bin ich für Sie in diesen Fällen – in Berlin und bundesweit - die richtige Ansprechpartnerin. Schon bevor mir der Titel Fachanwalt für Versicherungsrecht 2014 verliehen wurde, habe ich mich mit dem Versicherungsrecht eingehend befasst und meine Spezialisierung seither mehr und mehr ausgebaut. Ich bin ausschließlich auf Seiten der Versicherungsnehmer bzw. Versicherten tätig und konzentriere mich – neben meiner Tätigkeit im Arzthaftungsrecht - auf die Gebiete der Berufsunfähigkeitsversicherung, Krankentagegeldversicherung und Privaten Unfallversicherung.

Vertrauen Sie Ihren Fall nicht irgendeinem Rechtsanwalt an. Mandatieren Sie einen Fachanwalt für
Versicherungsrecht!

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Wissenwertes zum Versicherungsrecht

Fälligkeit von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung

Bei der Geltendmachung von Leistungsansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung stellt sich für den Versicherten regelmäßig die Frage, in welchem Umfang und in welcher Weise er an der Leistungsprüfung mitwirken muss. Verweigert er die Mitwirkung zu Unrecht, darf der Versicherer allein deshalb die Leistung verweigern. Ist dessen Mitwirkungsverlangen hingegen rechtswidrig, kann der Versicherte die Leistung einklagen. Dies stellte nun das Landgericht Berlin in einer bemerkenswerten Entscheidung klar (Urteil vom 18. August 2021, 23 O 180/18).


Versicherer traf keine Leistungsentscheidung
In dem Fall des LG Berlin hatte der Versicherte unter dem 28. Februar 2017 angezeigt, seit September 2016 berufsunfähig zu sein. Am 01. März 2017 sandte der Versicherer ihm die Unterlagen zur Leistungsprüfung einschließlich eines Vordrucks für die Einwilligung in die Datenerhebung zu. Nachfolgend überließ der Versicherte dem Versicherer diverse Unterlagen, darunter den ausgefüllten Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen, ein Gutachten seines Krankenversicherers, das Arbeitsunfähigkeit attestierte, ein weiteres Gutachten, das Berufsunfähigkeit feststellte, einen Entlassungsbrief über eine stationäre Behandlung in 2017, einen Behandlungsbericht seiner behandelnden Psychotherapeutin, eine Aufstellung von Behandlungsdaten sowie (weitere) Unterlagen seiner behandelnden Ärzte. Gleichwohl teilte der Versicherer im April 2018 mit, dass er nicht beurteilen könne, ob bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliege, insbesondere weil es an Informationen zum aktuellen Befinden des Versicherten fehle.


Leistungsansprüche trotz ausgebliebener Leistungsentscheidung fällig
Mit seinem Urteil stellte das LG Berlin fest, dass der Leistungsanspruch des Versicherten fällig sei, obwohl der Versicherer noch gar keine Leistungsentscheidung getroffen habe. Ein sachgerecht prüfender Versicherer hätte seine notwendigen Erhebungen vorprozessual abschließen können, so das Gericht.


Fälligkeit bei Abschluss aller „notwendigen Erhebungen“
„Notwendige Erhebungen“ seien alle Maßnahmen, die ein durchschnittlich sorgfältiger Versicherer anstellen muss, um das Bestehen und den Umfang seiner Leistungspflicht abschließend zu ermitteln. Allerdings komme es weder darauf an, ob der Versicherer subjektiv weiteren Aufklärungsbedarf sehe, noch ob dieser tatsächlich vorliege. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Notwendigkeit der Datenerhebung bei einer ex-ante-Betrachtung aus der Sicht verständiger Vertragsparteien vertretbar erscheinen durfte.


Versicherer muss aufzeigen, welche Informationen er benötigt
Habe der Versicherte Angaben gemacht und Unterlagen eingereicht, müsse der Versicherer aufzeigen, welche weiteren Informationen er zur sachgerechten Prüfung seiner Leistungspflicht bedürfe. Solche Umstände habe der Versicherer hier nicht aufzeigt. Auch sei weder ersichtlich noch begründet worden, inwieweit die Situation im April 2018 bedeutsam sei für eine ab September 2016 behauptete Berufsunfähigkeit mit Sechsmonatsprognose. Die Ausführungen, wonach der Sachverhalt noch nicht hinreichend aufgeklärt sei, ließe offen, was konkret zur Leistungsprüfung noch benötigt werde. Es könne nicht angehen, dass ein Versicherer unter pauschalem Hinweis darauf, ein Versicherungsfall sei nicht hinreichend dargetan, von einer Leistungsentscheidung absehe und solange zuwarte, bis aus seiner Sicht genügend dargetan sei. Damit könne die Fälligkeit beliebig offengehalten werden. Vielmehr müsse er in einem solchen Fall ablehnen, wenn er der Meinung sei, Berufsunfähigkeit sei nicht hinreichend deutlich. 


Fälligkeit auch bei Rechtswidrigkeit der Einwilligung in die Datenerhebung
Bei diesen deutlichen Worten beließ das Gericht es nicht. Hier sei Fälligkeit sogar schon mit der Übersendung des Leistungsantragsformulars eingetreten, da die dort verlangte Einwilligung in die Datenerhebung rechtswidrig sei. Zur Erhebung von Gesundheitsdaten sei der Versicherer nur berechtigt bei freiwillig abgegebener Einwilligung. Dies aber setze voraus, dass der Betroffene erkennen könne, wie und in welchem Umfang er an der Datenerhebung mitwirken müsse. Hierzu müsse der Versicherer auf das Recht zur Selbstbeschaffung hinweisen, und für den Fall, dass der Betroffene sich gegen eine Selbstbeschaffung entscheide, darauf, dass er nur an einer gestuften Datenerhebung mitwirken müsse. Überdies sei darauf hinzuweisen, dass es ihm freistehe, sofort eine umfassende Datenerhebung zu ermöglichen, und dass der Widerruf der Einwilligung die Rechtmäßigkeit der bis dahin erhobenen Daten nicht berühre. Hieran fehle es.


Suchen Sie rechtzeitig einen Fachanwalt auf!
Die Entscheidung des LG Berlin stärkt die Rechte von Berufsunfähigen und ist in seiner Klarheit uneingeschränkt zu begrüßen. Leider werden Versicherte nicht selten mit einer nicht enden wollenden Leistungsprüfung konfrontiert. Um die existenziell bedeutsamen Versicherungsleistungen zügig zu erhalten, empfiehlt sich der rechtzeitige Gang zum Fachanwalt. 

Die Befristung des Anerkenntnisses in der Berufsunfähigkeitsversicherung – Nicht so einfach, wie der Versicherer sich das vorstellt!

Ist die versicherte Person berufsunfähig, so muss der Versicherer die vereinbarte Rente zahlen – und zwar grundsätzlich ohne Einschränkung auf einen bestimmten Zeitraum. Will sich der Versicherer nach einiger Zeit wieder von seiner Leistungspflicht lösen und die Rentenzahlung einstellen, muss er das an besondere Voraussetzungen gebundene Nachprüfungsverfahren durchführen. Da es für den Versicherer aus Gründen der Beweislastverteilung gar nicht so einfach ist, sich im Wege des Nachprüfungsverfahrens von seiner Leistungspflicht zu lösen, wählt er immer wieder einen anderen Weg: die Befristung des Leistungsanerkenntnisses auf einen bestimmten Zeitraum. Einen solchen Fall hatte der BGH am 09. Oktober 2019 zu entscheiden:

 

Im Oktober 2013 hatte der Kläger wegen einer schweren depressiven Episode bei dem beklagten Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente beantragt. Der Versicherer hatte dann auf Basis der ihm vom Kläger übermittelten ärztlichen Unterlagen mitgeteilt, dass er die vertragsmäßigen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum vom 01. März 2014 bis zum 01. Juni 2015 anerkenne. Nachdem der Kläger im Mai 2015 Versicherungsleistungen über 01. Juni 2015 hinaus beantragt hatte, holte der Versicherer ein ärztliches Gutachten ein; da nach diesem beim Kläger nur noch eine leichtgradige depressive Episode mit Somatisierung vorliege und er noch zu mehr als 50 % in seiner letzten beruflichen Tätigkeit leistungsfähig sei, lehnte der Versicherer weitere Leistungen ab.

Der BGH wies den Versicherer in seine Schranken. Zwar sei die Befristung eines Leistungsanerkenntnisses gemäß § 173 Abs. 2 VVG – ein Mal - zulässig. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus erfordere die Befristung aber einen sachlichen Grund, da sie für den Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person aus Beweislastgründen mit erheblichen Nachteilen verbunden sei. Bedürfe das befristete Anerkenntnis aber eines sachlichen Grundes, so müsse der Versicherer diese Befristung auch gegenüber dem Versicherungsnehmer begründen. Denn der Versicherungsnehmer müsse in der Lage sein, zu entscheiden, ob er sich gegen die Befristung gerichtlich zur Wehr setzen wolle. Sein Prozessrisiko könne der Versicherungsnehmer aber nur abschätzen, wenn ihm bekannt sei, weshalb der Berufsunfähigkeitsversicherer das Anerkenntnis befristet habe.

Fehlt es an einem sachlichen Grund für eine Befristung oder fehlt es an einer Begründung des Versicherers, so kann sich der Versicherer nicht auf die Befristung berufen. Er muss die Rente also zunächst unbefristet zahlen und kann sich nur im Wege des regulären Nachprüfungsverfahrens von seiner Leistungspflicht lösen.

Private Unfallversicherung – Manchmal fordert der Versicherer Geld zurück!

Private Unfallversicherungen bieten Versicherungsschutz bei Unfällen. Für den Fall, dass der Versicherte einen Unfall erleidet und in dessen Folge eine Invalidität des Versicherten zurückgeblieben ist, sehen die Versicherungsverträge regelmäßig eine sogenannte Invaliditätsleistung vor. Unter Invalidität verstehen das Gesetz (§ 180 VVG) wie auch die einschlägigen Versicherungsbedingungen, dass die körperliche oder geistige
Leistungsfähigkeit der versicherten Person unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung ist dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustandes nicht erwartet werden kann.

Die Invaliditätsleistung erfolgt als Einmalzahlung. Grundlagen für die Berechnung der Leistung sind die vereinbarte Versicherungssumme und der unfallbedingte Invaliditätsgrad.
Der Invaliditätsgrad richtet sich nach der in den Versicherungsbedingungen vereinbarten Gliedertaxe, sofern die betroffenen Körperteile oder Sinnesorgane dort genannt sind. Dabei liegt den in der Gliedertaxe genannten Invaliditätsgraden jeweils die Annahme eines vollständigen Verlustes des jeweiligen Körperteils bzw. des vollständigen Verlustes seiner Funktion zugrunde. Bei Teilverlust oder teilweiser Funktionsbeeinträchtigung gilt der
entsprechende Teil der genannten Invaliditätsgrade (zum Beispiel ¼ des in der Gliedertaxe genannten Wertes für den vollständigen Funktionsverlust eines Beines). In den in der Gliedertaxe nicht geregelten Fällen richtet sich der Invaliditätsgrad danach, in welchem Umfang die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt ist.

Im Laufe der Zeit können sich die gesundheitlichen Folgen eines Unfalles verschlimmern oder auch verbessern. Im ersten Fall hat der Versicherte ein Interesse daran, dass seine Invalidität neu bemessen wird, weil er dann mit einer höheren Invaliditätsleistung rechnen
kann. Im zweiten Fall hat der Versicherer ein Interesse an der Neubemessung, da er bei einer Verbesserung des Gesundheitszustandes womöglich einen Teil des Betrages vom
Versicherten zurück verlangen kann, den er wegen der anfänglich (bei der sogenannten Erstbemessung) zu hoch bewerteten Invalidität gezahlt hatte. Ob der Versicherer allerdings tatsächlich Geld vom Versicherten zurück verlangen kann, hängt von bestimmten Voraussetzungen ab. Mit einer entsprechenden Frage hatte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2018 (I-4 U 67/18) zu befassen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Versicherte beim Fußballspielen einen Unfall erlitten, bei dem er am rechten Knie Verletzungen in Form einer Kreuzbandruptur und einer Außenmeniskusruptur davontrug. Nach einem vom Versicherer
eingeholten unfallchirurgischen Gutachten bestand eine voraussichtlich dauernde
Funktionsbeeinträchtigung des rechten Kniegelenks von 1/4. Aufgrund dessen rechnete der Versicherer die Leistungen auf Basis eines ¼-Beinwertes ab und zahlte eine
Invaliditätsleistung in Höhe von 8.750 Euro an den Versicherten aus. Der Versicherte war damit nicht einverstanden, weil er seine Invalidität deutlich höher einschätzte. Er wandte sich gegen die Erstbemessung und verlangte zugleich eine Neubemessung. Während eines ersten Gerichtsverfahrens wurden Gutachten eingeholt, die allerdings einen geringeren Invaliditätsgrad ergaben, als er zunächst im Rahmen der Erstbemessung vom Versicherer
festgestellt worden war.

Der gerichtliche Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Invalidität des Versicherten mit einem Beinwert von lediglich 1/7 zu bemessen sei. Daraufhin unterlag der Versicherte nicht nur in dem Prozess. Vielmehr sah er sich jetzt auch einer Rückforderung des Versicherers in Höhe von zunächst 3.750 Euro ausgesetzt. Mit dem Ergebnis, dass der ohnehin rechtlich komplexe Rechtsstreit noch komplizierter wurde, holte der Versicherer parallel zum Gerichtsverfahren auch ein eigenes Gutachten ein, welches eine voraussichtlich dauerhafte Funktionsbeeinträchtigung des rechten Beins von lediglich 2/20 ergab. Daraufhin forderte der Versicherer die Rückzahlung eines Betrags in Höhe von 5.250 Euro. Hierüber wurde dann ein zweiter Prozess geführt.

In diesem zweiten Prozess hatte der Versicherte mehr Glück. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf war es unerheblich, dass das (allein) vom Versicherten initiierte Neubemessungsverfahren zu seinen Ungunsten ausgegangen war. Denn die Erstbemessung des Invaliditätsgrades sei für den Versicherer mangels Ausübung seines
Rechts zur Neubemessung bindend geworden. Das nachträgliche Neubemessungsverlangen des Versicherten beseitige diese Bindungswirkung nicht. Denn es liege auf der Hand, dass das Neubemessungsverlangen des Versicherten unter der Einschränkung einer Neubemessung zu seinen Gunsten stand. Etwas anderes hätte nur gegolten, wenn der Versicherer selbst (auch) die Neubemessung verlangt hätte. Denn gemäß § 188 Abs. 1 VVG sowie gemäß der einschlägigen Versicherungsbedingungen sind beide Vertragsparteien berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahre nach Eintritt des Unfalles, neu bemessen zu lassen. In der Kinderunfallversicherung kann diese Frist vertraglich verlängert werden. Übt der Versicherer sein Recht zur Neubemessung fristgerecht aus, so kann er gegebenenfalls auch eine Überzahlung zurückverlangen. Übt er sein Recht hingegen nicht aus, so muss er sich an seiner Erstbemessung festhalten lassen, selbst wenn das Neubemessungsverlangen des Versicherten einen niedrigeren Invaliditätsgrad ergibt. Im entschiedenen Fall scheiterte die Rückforderung des Versicherers an einer ungünstigen Formulierung. Der Versicherer hatte sich in der vorgerichtlichen Korrespondenz mit dem Versicherten eine Neubemessung lediglich vorbehalten, diese aber nie konkret verlangt.

Die Frage, wann ein Versicherer eine überzahlte Invaliditätsleistung zurück verlangen kann, wird sowohl in der juristischen Literatur als auch von den Gerichten unterschiedlich beantwortet. Das Ergebnis eines Gerichtsverfahrens hängt also davon ab, welche Rechtsauffassung das zuständige Gericht vertritt. Es hängt jedoch zu einem wesentlichen Teil auch von der Fachkompetenz des den Versicherten vertretenden Rechtsanwaltes ab.
Daher sollte sich dieser unbedingt von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht vertreten lassen.

Unwirksamer Risikoausschluss in Restschuld-Lebensversicherung

Eine Restschuldversicherung dient der Absicherung eines Kreditnehmers und seiner Hinterbliebenen für den Fall, dass die fälligen Kreditraten wegen Tod, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Versicherungsnehmers nicht mehr bedient werden können. Allerdings sehen viele Vertragsbedingungen solcher Restschuldversicherungen vor, dass der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist bei Tod durch oder infolge einer Erkrankung oder durch Unfallfolgen, wenn der Versicherungsnehmer wegen dieser Erkrankung oder dieser Unfallfolgen in den letzten 12 Monaten vor Stellung des Antrags auf Restschuldversicherung ärztlich beraten oder behandelt wurde. Solche Leistungsausschlüsse bleiben dem Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss oftmals verborgen und sorgen bei Eintritt des Risikos (Tod, Krankheit, Arbeitslosigkeit) für große finanzielle Sorgen, wenn der Versicherer die Übernahme der fälligen Kreditraten ablehnt. Richtigerweise hat das Landgericht Dortmund eine solche Klausel mit Urteil vom 12. Juli 2017 (2 O 454/16) für unwirksam erklärt, weil sie von dem gesetzlichen Regelungssystem zu Lasten der Versicherungsnehmer abweicht. Das Gesetz sieht nämlich eine vor Abschluss des Versicherungsvertrags durch den Versicherer durchzuführende Risikoprüfung vor, die ihn in die Lage versetzt, Umstände, die er für erheblich hält, vom Versicherungsschutz auszunehmen und dem Versicherungsnehmer damit deutlich vor Augen zu führen, dass die diesbezüglichen Folgen ein nicht versicherbares Risiko darstellen. Durch die Geltung der in Streit stehenden Ausschlussklausel sei diese Prognosegefahr vollständig auf den Versicherungsnehmer verlagert, entgegen der vom Gesetz vorgesehenen Gefahrtragung durch den Versicherer. Daher sei sie unwirksam.

Berufsunfähigkeit und Raubbau an der Gesundheit

Im Jahr 2015 sollen 22 Prozent aller Deutschen gegen die Risiken einer Berufsunfähigkeit privat versichert gewesen sein. Damit verbunden ist der Gedanke, im Falle einer schweren Erkrankung gegen die damit verbundenen finanziellen Ausfälle abgesichert zu sein. 

Werden Versicherte dann tatsächlich krank, hoffen sie zu Recht auf Berufsunfähigkeitsrente, für die sie zum Teil jahrzehntelang Prämien gezahlt haben. Für viele kommt dann jedoch das große Erwachen: Nachdem sie sich durch den Papierwahnsinn, der mit einem Antrag auf Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung verbunden ist, durchgekämpft haben, lehnt der Versicherer die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ab. Gründe für solche Ablehnungen gibt es viele, wobei ein Grund für den Betroffenen besonders perfide ist. Geht der Betroffene nämlich trotz seiner Erkrankung aus Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber oder seinen Kollegen, aus purem Pflichtbewusstsein oder aus Sorge um sein selbstständig geführtes Unternehmen weiterhin arbeiten (wenn auch in geringerem Umfang), so dreht ihm der Versicherer hieraus gerne einen Strick. Denn seiner Auffassung nach kann nicht berufsunfähig sein, wer weiterhin arbeiten geht.

Zum Glück für Versicherte ist die Rechtslage an dieser Stelle jedoch nicht ganz so einfach, wie es sich der Versicherer in solchen Fällen wünscht.

Berufsunfähigkeit im Sinne der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung liegt regelmäßig vor, wenn die versicherte Person ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf nicht mehr zu mindestens 50% ausüben kann. Übt der Versicherte seine bisherige Tätigkeit trotz behaupteter mindestens 50-prozentiger Berufsunfähigkeit in einem diesen Prozentsatz übersteigenden Umfang dennoch aus, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (u.a. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2000 - IV ZR 208/99) trotzdem Berufsunfähigkeit anzunehmen, wenn dies auf einem sogenannten „überobligationsmäßigen Verhalten“ beruht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes besteht. In juristischen Fachkreisen spricht man hier von „Raubbau an der Gesundheit“.

Werden Betroffene von ihren Berufsunfähigkeitsversicherern „im Stich gelassen“, ist es für sie dringend ratsam, sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht zu wenden. Nur bei einem entsprechend qualifizierten Fachanwalt kann der Betroffene davon ausgehen, dass sich der Rechtsanwalt in der komplexen Materie des Rechts der Berufsunfähigkeitsversicherungen auskennt. Er kann dem Betroffenen womöglich helfen und die Angelegenheit zum Erfolg führen. Einen solchen Erfolg konnte auch die Klägerin in dem vom Oberlandesgericht Hamm am 27. April 2018 (I – 20 U 75/17) entschiedenen Fall verzeichnen. Die Klägerin, die in gesunden Tagen in ihrem vom Vater geerbten Unternehmen umfassende unternehmensleitende Tätigkeiten mit einem Arbeitspensum von mindestens 10 Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche ausgeübt hatte, war trotz einer schweren Depression weiterhin für wenige Stunden am Tag ins Büro gegangen, um unterstützend tätig zu sein. Diese unterstützenden Tätigkeiten bedeuteten jedoch nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der Klägerin, weshalb dennoch von Berufsunfähigkeit auszugehen war. Der Klage wurde stattgegeben.

Private Berufsunfähigkeitsversicherung: Keine Verweisung auf Tätigkeit, die deutlich geringere Fähigkeiten oder Qualifikationen erfordert

Berufsunfähigkeit liegt nach den meisten Bedingungen der Privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nicht mehr zu mindestens 50% ausüben kann. 

Darüber hinaus enthalten die meisten Versicherungsbedingungen Klauseln, die eine sogenannte konkrete oder abstrakte Verweisungsmöglichkeit des Versicherers regeln. Im Falle einer konkreten Verweisungsmöglichkeit des Versicherers ist die versicherte Person nur dann berufsunfähig, wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind (die versicherte Person kann ihren zuletzt ausgeübten Beruf infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer nicht mehr zu mindestens 50% ausüben) und die versicherte Person tatsächlich auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Ist eine abstrakte Verweisungsmöglichkeit geregelt, so kommt es nicht darauf an, ob die versicherte Person eine ihrer bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausübt, sondern ob sie eine solche Tätigkeit theoretisch ausüben könnte.

Ob eine versicherte Person, die ihren zuletzt ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann, ist regelmäßig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Kern solcher Auseinandersetzungen ist die Frage, ob die Tätigkeit, auf welche der Versicherer die versicherte Person verweisen will, deren bisheriger Lebensstellung entspricht. Dabei wird die bisherige Lebensstellung nach einhelliger Meinung sowohl durch das Einkommen als auch durch die soziale Wertschätzung bestimmt, wie sie durch den zuletzt ausgeübten Beruf geprägt waren. Die Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll, darf also weder hinsichtlich ihrer Vergütung (je nach der Höhe des früheren Einkommens gelten Abschläge in Höhe von bis zu 20% und darüber hinaus als noch hinnehmbar) noch in ihrer Wertschätzung spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinken.

In einer Entscheidung vom 20. Dezember  2017 (IV ZR 11/16) hat der BGH unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung erneut klargestellt, dass durch die Berücksichtigung der bisherigen Lebensstellung auch solche Tätigkeiten ausgesondert werden, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird demnach auch von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit sei nach dem Urteil des BGH erst dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordere und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinke. Der Versicherer darf die versicherte Person also nicht auf eine Tätigkeit verweisen, die deutlich geringere Fähigkeiten bzw. eine deutlich geringere Qualifikation der versicherten Person erfordere. Dies gilt selbst dann, wenn die versicherte Person durch die im Streit stehende Verweisungstätigkeit deutlich mehr Geld verdient bzw. verdienen würde als in ihrem bisherigen Beruf.

Nichts Neues aber weiterhin Wichtiges zu der Privaten Unfallversicherung: Ärztliche Feststellung der Invalidität muss die Unfallbedingtheit der Erkrankung umfassen!

In den Bedingungen privater Unfallversicherungen ist geregelt, dass (1.) die Invalidität innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Unfall eingetreten und (2.) von einem Arzt schriftlich festgestellt worden sein muss. Auch wenn der konkrete Zeitraum, innerhalb dessen die Invalidität eingetreten und ärztlicherseits festgestellt sein muss, in den Bedingungen eines jeden Versicherungsvertrages unterschiedlich gestaltet sein kann, so sind sie doch in sämtlichen Verträgen für den Anspruch des Versicherungsnehmers bzw. Versicherten von immenser Bedeutung. Werden die Fristen nicht eingehalten, so hat der Betroffene regelmäßig keinen Leistungsanspruch.

Für den Anspruch des Versicherungsnehmers bzw. Versicherten auf Leistungen aus der
Unfallversicherung ist allerdings nicht nur entscheidend, dass dem Versicherer innerhalb der vertraglich vorgesehenen Frist irgendeine ärztliche Bescheinigung über die Unfallfolgen vorgelegt wird. Vielmehr müssen bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllt sein, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 13. Februar 2017 (I-4 U 1/17) unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und anderer Oberlandesgerichte nochmals bestätigt hat.

Zwar seien an die ärztliche Feststellung keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie brauche keinen bestimmten Invaliditätsgrad zu benennen und auch nicht auf einer qualifizierten ärztlichen Diagnose zu beruhen. Unerlässlich für die Feststellung sei dagegen, dass sich aus ihr die ärztlicherseits angenommene Ursache (nämlich: der Unfall!) und die Art ihrer Auswirkungen ergebe. Denn die Invaliditätsbescheinigung solle dem Versicherer Gelegenheit geben, dem geltend gemachten Versicherungsfall nachzugehen und seine Leistungspflicht auf Grundlage der ärztlichen Feststellung zu prüfen. Zugleich solle sie eine Ausgrenzung von Spätschäden ermöglichen, die in der Regel nur schwer abklärbar und überschaubar seien und die der Versicherer deshalb von der Deckung ausnehmen wolle. Die „Feststellung“ im Sinne dieser Regelung erfordere, dass sich aus ihr ergebe, dass eine bestimmte körperliche Beeinträchtigung auf einem bestimmten Unfall beruhe und innerhalb der vereinbarten Frist nach dem Unfall zu unveränderlichen Gesundheitsschäden geführt habe. Es genüge also nicht allein die Feststellung eines Dauerschadens unabhängig von der Frage der Kausalität.

Angesichts der Wichtigkeit der vertraglich geregelten Fristen in der privaten Unfallversicherung
ist der Versicherer allerdings verpflichtet, den Versicherungsnehmer nach Anzeige des Unfalls auf genau diese Fristen hinzuweisen. Fehlt es an diesem Hinweis, so kann sich der Versicherer nicht auf Fristablauf berufen und allein deswegen geltend gemachte Leistungen ablehnen. Aber Vorsicht: Das Erfordernis der ärztlichen Feststellung der Invalidität bleibt dennoch bestehen, nur die vertraglich geregelten Fristen gelten dann nicht mehr! Dies musste auch der Kläger in dem vor dem Oberlandesgericht geführten Verfahren leidvoll erfahren. Er hatte eine den oben dargelegten Anforderungen entsprechende ärztliche Feststellung der Invalidität zu keinem Zeitpunkt vorgelegt und verlor den Prozess deswegen. Daher der Hinweis: Vertrauen Sie Ihre Rechte nur einem einschlägig qualifizierten Fachanwalt an!

Berufsunfähigkeitsversicherung: Besondere Problematiken bei psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen sind für Außenstehende schwer zu erfassen. Anders als Fällen körperlicher Erkrankungen stehen keine Apparate zur Verfügung, welche die Erkrankung „verbildlichen“ und damit objektivieren können. Ist ein Betroffener wegen seiner psychischen Erkrankung berufsunfähig und macht er Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung geltend, sieht er sich deswegen einer besonderen Problematik gegenüber. Wie jeder andere Versicherte muss er seine Berufsunfähigkeit beweisen. Ergebnisse apparativer Untersuchungen stehen ihm hierfür jedoch nicht zur Verfügung.

Der Bundesgerichtshof hat deswegen schon früh entschieden (BGH, 14. April 1999 - IV ZR
289/97), dass der ärztliche Nachweis von Berufsunfähigkeit bei Krankheiten, die durch das Fehlen naturwissenschaftlich gewonnener Untersuchungsbefunde charakterisiert werden, auch dadurch geführt werden kann, dass ein Arzt seine Diagnose auf eine Beschwerdeschilderung des Patienten stützt. Dabei darf der Arzt die Schilderung des Patienten jedoch nicht einfach hinnehmen, sondern muss sie z.B. anhand testpsychologischer Verfahren und der Beobachtung des Verhaltens des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung überprüfen. Nach einem Beschluss des Kammergericht Berlin vom 21. Oktober 2014, (6 U 18/13) dürfe ein gerichtlicher Sachverständiger für die Feststellung der psychischen Verfassung und der verbliebenen beruflichen Fähigkeiten des Betroffenen auch Rückschlüsse aus dessen Verhalten und Tätigkeiten im außerberuflichen Feld ziehen. Darüber hinaus sei bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit zu berücksichtigen, dass nicht jede psychische Erkrankung dazu führe, dass ihr der Betroffene „willenlos“ ausgeliefert sei. Womöglich könne der Betroffene der Erkrankung und ihren Auswirkungen entgegensteuern. Die damit verbundene Aufforderung, die noch vorhandenen Restfähigkeiten zu mobilisieren, sei dem Versicherten zumutbar.

Berufsunfähigkeitsversicherung – Anforderungen an die
Tätigkeitsschilderung dürfen nicht überzogen werden!

Lehnt der Versicherer Leistungen wegen Berufsunfähigkeit ab, verbleibt dem Versicherten oftmals nur die Möglichkeit, Klage zu erheben. Im Klageverfahren trifft ihn die sogenannte Darlegungs- und Beweislast. Das bedeutet, dass er darzulegen und zu beweisen hat, dass (und wann) Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

Hierzu muss der Versicherte (unter anderem) umfangreiche Angaben zu seinem Beruf machen. Die bloße Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit genügen nicht. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung (etwa in Form eines Stundenplans), mit der die Einzeltätigkeiten, die mit dem Beruf verbunden sind, ihrer Art, ihres Umfanges und ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar gemacht werden (hierzu grundlegend: BGH, Urteil vom 30. September 1992, Aktenzeichen IV ZR 227/91).

Die Tätigkeitsbeschreibung führt in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten. Sind die Angaben des Versicherten unzureichend, wird seine Klage abgewiesen. Versicherungsleistungen erhält er in diesem Fall nicht.

Wohl auch deshalb haben in der Vergangenheit bereits einige Instanzgerichte betont, dass die (strengen) Anforderungen an die Darlegung der Tätigkeit nicht überzogen werden dürfen. Sie verfolgt letztlich (nur) den Zweck, dem Sachverständigen die notwendigen Vorgaben zur medizinischen Beurteilung des Leistungsvermögens des Versicherten an die Hand zu geben (z.B. OLG Brandenburg, Urteil vom 17. April 2019, Aktenzeichen 11 U 137/17).

Dass die Anforderungen an die Schilderung des Berufs nicht überspannt werden dürfen, hat nun auch der BGH in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 21. April 2021, Aktenzeichen IV ZR 88/20) klargestellt.

In dem entschiedenen Fall hatte ein selbstständiger Zahntechnikermeister geklagt. Dessen Arbeitszeit betrug in gesunden Tagen ca. 50 bis 60 Wochenstunden, die er hauptsächlich mit der handwerklichen Herstellung von Zahnersatz zubrachte. Daneben arbeitete er etwa eine Stunde pro Tag im Büro (z.B. für Rechnungsstellungen) und verbrachte etwa eine weitere halbe Stunde mit Besprechungen bei Zahnärzten. Die handwerklichen Tätigkeiten konnte er aufgrund orthopädischer Beschwerden spätestens ab Oktober 2015 zu 50% nicht mehr ausüben. Hingegen war er zur Ausübung der übrigen Tätigkeiten (Bürotätigkeiten und Zahnarztbesuche) weiterhin imstande. Deren Umfang hing jedoch ab von dem Umfang der handwerklichen Tätigkeit und sank in verhältnismäßig gleicher Weise.

Seine Klage wurde abgewiesen mit der Begründung, er habe seine Darlegungslast nicht erfüllt. Seinem Vortrag sei nicht zu entnehmen, worin die Bürotätigkeit im Einzelnen bestanden und inwieweit und warum sich diese auf maximal 50% reduziert habe.

Der BGH stellte klar, dass der Vortrag des Versicherten, wonach der Umfang der Bürotätigkeit von der handwerklichen Produktion abhänge, ausreichend sei. Hierbei handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, die geeignet sei, die Rechtsfolge einer insgesamt 50%igen Berufsunfähigkeit und damit einen Anspruch auf Versicherungsleistungen zu begründen.

Die BGH-Entscheidung stärkt die Rechte von Versicherten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche und ist insoweit zu begrüßen. Nichtsdestotrotz dürfen die Anforderungen an die Tätigkeitsbeschreibung nach wie vor nicht unterschätzt werden. Klageabweisungen aufgrund einer unzureichenden Darlegung kommen leider immer wieder vor, sind jedoch vermeidbar. Lassen Sie sich deshalb unbedingt von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht vertreten. Er weiß ganz genau, welche Angaben zu machen sind, und bereitet den Prozess optimal für Sie vor.

Schmerzensgeld bei unzulässiger Weitergabe von
Gesundheitsdaten

Die unzulässige Weitergabe von Gesundheitsdaten kann einen Anspruch auf Schmerzensgeld begründen. Das entschied kürzlich das Landgericht Meiningen (Urteil vom 23. Dezember 2020, Aktenzeichen 3 O 363/20).

In dem dort entschiedenen Fall hatte der Kläger als Motorradfahrer einen Verkehrsunfall erlitten und Ansprüche gegen seinen Unfallversicherer und den Haftpflichtversicherer eines anderen Unfallbeteiligten geltend gemacht. Beide Versicherer wurden von derselben Anwaltskanzlei vertreten. Sie zitierte in dem Verfahren gegen den Haftpflichtversicherer wörtlich aus einem Gutachten, das der Unfallversicherer zum Gesundheitszustand des Klägers eingeholt hatte. In die Verwertung hatte der Unfallversicherer eingewilligt, nicht jedoch der Kläger.

Dieser beanspruchte daraufhin von dem Unfallversicherer Zahlung von Schmerzensgeld und Unterlassung der Weitergabe seiner Gesundheitsdaten an Dritte. Das Landgericht Meiningen gab seiner Klage insoweit statt und verurteilte den Unfallversicherer unter anderem zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 €.

In seiner Entscheidung führt das Gericht zur Begründung aus, dass der Versicherer zur Verschwiegenheit auch dann verpflichtet sei, wenn dies weder spezialgesetzlich noch in den Vertragsbedingungen ausdrücklich geregelt sei. Bei Gesundheitsdaten handele es sich um sensible Daten, die besonders geschützt seien. Ihre Weitergabe berühre das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in besonderem Maße.

Der Unfallversicherer habe gegen seine Verschwiegenheitspflicht verstoßen, indem er sich zumindest schlüssig mit der Verwertung seines Gutachtens in dem Verfahren gegen den Haftpflichtversicherer einverstanden erklärt habe. Eine Rechtfertigung für die Weitergabe der darin enthaltenen Daten (etwa aufgrund von Vorschriften der DSGVO) liege nicht vor. Da sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht hierdurch schwerwiegend verletzt worden sei, stehe dem Kläger ein vertraglicher Schmerzensgeldanspruch zu.

Mit seiner Entscheidung hat das Landgericht Meiningen einen bislang beispiellosen und erfreulichen Vorstoß gewagt und maßgeblich zu einer Stärkung der informationellen Selbstbestimmung von Versicherten beigetragen.

Nicht Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob die in den Prozess gegen den Haftpflichtversicherer eingeführten Gesundheitsdaten verwertet werden dürfen. Unzulässig erhobene Gesundheitsdaten sind nicht zwangsläufig unverwertbar. Ihre Verwertbarkeit muss immer im Einzelfall und anhand einer sorgfältigen Abwägung der widerstreitenden Interessen von Versicherer und Versicherten geprüft werden. Das sollte der Anwalt vor allem dann im Blick haben, wenn der Versicherer sich auf Gesundheitsdaten beruft, die für den Versicherten nachteilig sind.